Grafschafter Schulgeschichte

Startseite     Kontakt      Impressum

Em-27

Entwicklung des Schulwesens in der Samtgemeinde Emlichheim

Alexisdorf im Kriegswinter 1941/42

Nachteilig auf die Arbeit in der Schule wirkte der grimmige Winter 1941/42. Die Leute hier können sich kaum einer so strengen Kälte und derartiger Schneemassen erinnern. Große Verwehungen machten es den Schulkindern zeitweise unmöglich, nach der Schule zu kommen. Bemerkenswert war auch das lange Anhalten der Kälte. Überhaupt entwickelte sich das Wetter in diesem Jahr bis jetzt ungünstig für die Landwirtschaft.

Nach der Schneeschmelze schlug der Wind nach Osten um. Wochenlang blies ein kalter und trockener Wind über das Land, nahm dem Boden die Feuchtigkeit und verhinderte das Wachstum der Pflanzen. Nach einigen schönen Tagen hatten wir mit Beginn Juni einen Kälterückfall. Die Auswirkungen dieses ungünstigen Wetters sind schon da. Die Heuernte wird in diesem Jahr gering sein. Bohnen, Kartoffeln und Gurken haben durch den Kälterückfall gelitten. Überhaupt verschiebt sich die Ernte schätzungsweise um vier Wochen.

Insekten und Würmer sind in großer Zahl vorhanden. Ganze Wiesen und Haferstücke verschwinden durch Wurmfraß. Eichbäume werden kahlgefressen. Obstbäume und -büsche leiden unter den Schädlingen.

Und als Hintergrund des ernsten Bildes: der Krieg, der durch den Krieg im Osten sich für das Volk so stark bemerkbar macht. Allein aus den Häusern, die ihre Kinder nach der Schule Alexisdorf schicken, sind fünf Soldaten in Russland gefallen und bis jetzt drei verwundet.

Als der Krieg mit Russland begann, legte sich erst ein Schrecken über das Land. Als dann die großen Siegesnachrichten kamen, fassten die Menschen neuen Mut. Mit diesen Nachrichten kamen aber auch Gerüchte und Erzählungen über Grausamkeiten an der Ostfront nach hier. Als daher die ersten Gefangenentransporte erschienen, war die Einstellung der Bevölkerung gegenüber den russischen Soldaten feindlich und verbittert.

Diese Antipathie wurde noch gesteigert, als ein russischer Gefangener bei seiner Flucht eine Frau am Bathorner Diek tötete. Die ganze männliche Bevölkerung wurde aufgeboten, den Flüchtling zu suchen. So sah man Trupps mit dicken Knüppeln bewaffnet, die die Gegend durchstreifen. Bei Wietmarschen wurde der Russe schließlich gestellt und nach seiner Aburteilung im Lager Alexisdorf aufgehängt. Die Bevölkerung war wie im Fieber. Sie schlossen nachts ihre Häuser ab. Viele wagten sich nachts nicht allein nach draußen.

Die Russen, die nur in größeren Abteilungen unter schwerer Bewachung zum Kultivieren und Straßenbau eingesetzt wurden, hatten schwer unter der Wut des Volkes zu leiden. Sie wurden zum Teil angetrieben wie das Vieh. Täglich brachen welche von ihnen zusammen vor totaler Erschöpfung. Man zweifelte manchmal an der Moral der Menschen. Aber schließlich ging auch das vorüber.

Heute haben sich die Menschen wieder beruhigt. Jetzt möchte schon mancher gern einen Russen als Arbeitskraft haben. Besonders die russischen Zivilarbeiter sind gesuchte Leute. So greift der Krieg immer tiefer in das Leben dieser Gegend ein. Auch in der Ernährung spürt man jetzt den Krieg. Butter, Fleisch, Brot, Nährmittel sind rationiert, Wollsachen und Spinnstoffe mussten abgegeben werden. Eierabgabe wird genau geregelt. Schlachtgewicht der Schweine wird durch Stichproben nachgeprüft.

Im Volk erwacht allmählich eine tiefe Sehnsucht nach schnellem Frieden. Auf der anderen Seite greift ein dumpfes Resignieren um sich. Angst haben alle vor einer Niederlage, weil sie darin das Ende Deutschlands und ein Schrecken ohne Ende sehen.

Es ist heute schwerer, die Entschlossenheit der Bevölkerung bis zum Ende hochzuhalten. Wir wollen weiter hoffen, dass alles ein gutes Ende nimmt und nach dieser harten und schweren Zeit wieder bessere und glücklichere Zeiten kommen".

Quelle: Auszug aus der Schrift "Chronik der Ringer Schulen" von Heinrich Eberhardt, herausgegeben von der Gemeinde Ringe im Dezember 1989, Abschnitt II: Die Schule Alexisdorf, S. 73-101, auf den Seiten 94-96
Share by: