Grafschafter Schulgeschichte

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Nhs-24

Entwicklung des Schulwesens in Neuenhaus

Realschule Neuenhaus vorher: Latein- und Rektor

1. Die Latein- und Rektorschule von 1616 bis 1926

1616 - Nach einer Schrift von Rektor Specht aus dem Jahre 1932 vermissten besonders die gräflichen Beamten und auch die Pfarrer der Niedergrafschaft nach der Reformation für ihren Nachwuchs eine Lateinschule. Für die Gründung setzten sich Graf Arnold Jost und der Oberkirchenrat ein. 1615 beschließen dann die vier damals "ambtierenden Bürgermeistere", ab 1616 eine Lateinschule in Neuenhaus einzurichten. In Bentheim und Schüttorf besaß man bereits seit 1613 solche Lateinschulen. Zu dem Deutschlehrer tritt nun der Lateinlehrer. Die neue Lateinschule ist nur für Knaben vorgesehen. Die Stadt gibt für den Unterhalt der Schule 30 Reichstaler oder 75 Gulden. Außerdem wird sie finanziell vom Grafen unterstützt. Angesehene Bürger müssen mit einem Sammelbuch durch die angrenzenden Städte und Gemeinden der Niederlande und der deutschen Nachbargebiete reisen, um Unterstützung für den guten Zweck zu erreichen. Die Verwaltung des Schulvermögens erfolgt durch die Stadt, die auch das Recht hat, die Einkünfte des Lateinlehrers festzulegen.

Die Privat- oder Lateinschule hat in den nächsten 250 Jahren im Wechsel einen oder zwei Lehrer. Sie ist immer in Privathäusern untergebracht. Weitere Einzelheiten aus dieser Zeit sind nicht bekannt.
(Siehe auch:Heinrich Specht, Die Gründung der Neuenhauser Latein- und Rektorschule 1616 ;
Georg Kip, Von der Lateinschule zur Rektorschule in Neuenhaus,
Ruth Prinz, Die Neuenhauser Lateinschule)

1867 - Die Chronik der Realschule beginnt damit, dass die Privat- oder Lateinschule, wie es dort heißt, am 8. Mai 1867 durch den Lehrer Lüppe neu begründet wird. Sie umfasst 60 Schüler und Schülerinnen in drei Klassen. Neben dem Leiter Lüppe unterrichten weitere drei Lehrer an der Schule. Der Pastor Lucahsen übernimmt den Religionsunterricht. Der Unterricht findet zunächst im Haus Brünnemann am Seifendamm statt, später im Haus an der Ecke Marktplatz/Hauptstraße.

1874 - Es erfolgt der Bau einer Schule mit 4 Klassenräumen hinter dem alten Rathaus (heute abgebrochen). Sie verdankt ihre Entstehung einer Stiftung. Auf einer Steintafel heißt es: "Den Herren Landphysikus Dr. med Köhler in Neuenhaus und Conrad Roeslingh in Bremen verdankt die Stadt diese Schule - 1874".

In diesem Gebäude, das später um zwei Klassenräume erweitert wird, sind bis 1957 die Volksschule und die Rektorschule untergebracht.

1875 - Erster Rektor der Schule wird im Oktober 1875 Hauptmann Staehle. Er unterrichtet Rechnen, Mathematik, Geschichte, Englisch, Französisch (1. Klasse), Latein und Griechisch, Mittelschullehrer Fritz van den Bosch Deutsch, Erdkunde, Französisch (2. Klasse), Naturgeschichte, Zeichnen, Schreiben und Gesang. Über beide schreibt Georg Kip in einem Aufsatz über die Mittelschule: "Es kamen immer nur die Besten auf auswärtige höhere Schulen, und sie verblüfften dort dann meistens durch ihr breites Allgemeinwissen und die Sonderkenntnisse in ihren Lieblingsfächern. Die Rektorschule hatte sich unter Staehle und van den Bosch, der vor allem ein glänzender Mittler deutscher Literatur war, allenthalben einen guten Namen erworben. Übrigens war ihr Ansehen so, dass in der kleinsten Rektorschule des Kreises damals oft genug Schüler aus der Ober- und Mittelgrafschaft ihre Wissensgrundlage zu verbreitern suchten."

1904 - Am 28.10.1904 wird die Privatschule in eine städtische Rektorschule umgewandelt. Sie erhält durch Magistratsbeschluss erstmalig genaue Statuten, die von der Regierung in Osnabrück genehmigt werden. Hierin heißt es: "Die städtische Rektorschule soll Knaben und Mädchen nach Maßgabe vom 15. Oktober 1872 enthaltenen Lehrplans für die Mittelschule eine über die Volksschule hinausgehende und in sich abgeschlossene Bildung geben. Daneben erhalten Knaben, welche später ein Gymnasium besuchen sollten, eine so weitgehende Vorbildung, dass sie unter Zurhilfenahme von Privatunterricht im Griechischen in die Obertertia (heute Klasse 9) eines Gymnasiums aufgenommen werden können. Der Magistrat ist Patron und Vertreter der Schule. Das Schulgeld wird vierteljährlich im voraus erhoben. Vorsitzender der Schulkommission ist der Bürgermeister. Die Wahl der Lehrpersonen geschieht durch die Schulkommission. Der Magistrat, gez. Fr. Schey, Dr. Harger, F.L.Harger." Das aufgestellte Statut enthält insgesamt 16 Paragraphen.

1907 - Rektor Staehle wird 1907 pensioniert. Seine Nachfolger sind zunächst Dr. Ehr bis zu seiner Pensionierung und dann ab 1. Oktober 1921 Dr. Friedrich Carl Arends.

1921 - Die Schule droht einzugehen. Zwei Lehrkräfte unterrichten nur noch 83 Schüler. Der bauliche Zustand der Schule ist besorgniserregend; Lehrmittel sind kaum vorhanden.

1922 - Die Schule lässt den bis dahin erteilten Unterricht in Latein fallen. Es gibt nur noch Fremdsprachenunterricht in Französisch und Englisch. Eine Schülerbibliothek wird am 6.3.1922 aus freiwilligen Beiträgen der Kinder gegründet. Sie wird mit einem Bestand von 45 Bänden eröffnet.

In den Sommerferien 1922 macht Dr. Arends in Begleitung seiner Frau mit 12 Schülern eine Wanderung über den Teutoburger Wald von Ibbenbüren nach Detmold. Dauer 8 Tage. Übernachtung in Jugendherbergen. Durch Ermächtigung des Kreisschulrates Valentin wird der Rektor Dr. Arends am 27. 9. 1922 mit der ständigen Vertretung des Kreisschulrates in der städt. Rektorschulkommission beauftragt.

1923-1924 - In der Inflationszeit ab 1922 steigt das Schulgeld gewaltig an:
1. Januar 1923: Einheimische monatlich, 1 Sprache 800 M, 2 Sprachen 900 M, Auswärtige 100 M mehr.
1. Oktober 1923: Einheimische monatlich, 1 Sprache 10 Milliarden M., 2 Sprachen 12 Milliarden M., Auswärtige 2 Milliarden M. mehr.
Infolge des allgemeinen Übergangs zur Goldmarkrechnung wird das Schulgeld neu festgelegt, und zwar
ab 1. November 1923: 2 RM für Einheimische, 2,50 RM für Auswärtige im Monat,
ab 1. November 1924: 5 RM für Einheimische, 6 RM für Auswärtige im Monat.

In den Sommerferien 1923 unternimmt die ganze Schule eine dreitägige Fahrt zur Insel Juist.

Am 2. September 1923 finden in Neuenhaus die Reichsjugendwettkämpfe statt, an der auch die Rektoratsschule teilnimmt und verschiedene Siege davonträgt. Hierüber berichtet die örtliche Presse ausführlich. Sie finden auch in den folgenden Jahren statt.

Am 1.4.1924 verlässt Dr. Arends die Schule und wird Leiter der Mittelschule in Naugard (Pommern). Dr. Voigt übernimmt die Leitung der Schule. Er schreibt in der Schulchronik: "An dem Schulgebäude war in der langen Reihe von Jahren gar nichts getan worden. Als ich im Januar 1924 hier ankam, wurde mir schlecht beim Betrachten der Schule: völlig zerrissener alter Cementfußboden und ausgebrochene Cementplaggen im Hausflur mit nachquellendem Sand, durchgetretene Dielen in den Klassenzimmern, um den Ofen herum verkohlt; Ratten steckten ihre Köpfe durch die Dielenlöcher; die Aborträume waren nicht zu betreten vor Unsauberkeit.

Brenntorf lag in einer Ecke im Hausflur und wurde von den Kindern in die Klassenräume vertreten; desgleichen geschah mit dem Stroh und Schweinekot von den Schweinemärkten auf dem Schulhof; Abtreter waren noch nicht vorhanden. Widerliche Zustände! Die Lehrerschaft half mir immer tatkräftig mit, diese Missstände zu beseitigen und in dieses Chaos allmählich Form hineinzubringen. Heute ist die Schule ein Gebäude, sehr einfach und bescheiden, aber sauber. Heute kann man jedermann in das Schulhaus eintreten lassen, ohne dass einem dies peinlich zu sein braucht. Die Stadt hat in den folgenden Jahren sehr viel für Instandsetzung, würdige Ausgestaltung der Schule und Lehrmittelsammlung getan".

1925 - Die Schülerzahl steigt Ostern 1925 auf 121 Schüler, davon 86 Knaben und 35 Mädchen. Ziel ist es, die Schule zur vollen Mittelschule auszubauen. Es werden 6 Klassen gebildet: Kl. 6 = 12 Kinder, Kl. 5 = 36 Kinder, Kl.4 = 26 Kinder, Kl. 3 = 29 Kinder, Kl. 2 = 15 Kinder, Kl. 1 = 3 Kinder. Es sind nur 4 Klassenräume vorhanden, davon einer im Erdgeschoss des Rathauses. Kombiniert sind die Klassen 5 und 6 sowie 1 und 2. Der Unterricht in Sprachen und in Mathematik ist jedoch lt. Bestimmung getrennt.

1926 - Durch Erlass des Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung erfolgt im Schuljahr 1926/27 die Anerkennung der Rektorschule als voll ausgebaute Anstalt. Sie führt fortan den Namen "Öffentliche Mittelschule in Neuenhaus".
Der Schulträger wird ersucht, eine 5. Lehrkraft einzustellen, was sofort geschieht, und einen geeigneten Raum für die Erteilung des technischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts zur Verfügung zu stellen, was ein Jahr später erfolgt.

Quellen:
Schulchronik: Die Anfänge der Schule (1867 - 1946)
Jan Harm Kip, Auszüge aus der Schulchronik, 1962
Heinrich Eberhardt, Chronik der Schulen von Neuenhaus, 1994, Seiten 108 - 134
Artikel aus der örtlichen Presse, im Text angegeben

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