Grafschafter Schulgeschichte

Startseite     Kontakt      Impressum

NOH-73

Entwicklung des Schulwesens in Nordhorn

Zur Einführung der Orientierungsstufe in Nordhorn

Im Vorfeld der Orientierungsstufeneinführung gab es zahlreiche Diskussionen innerhalb der Stadt, besonders im Rat der Stadt, aber auch in der Elternschaft.

Bei der Einführung der Orientierungsstufe (OS) in Nordhorn war eine Sonderregelung im Niedersächsischen Schulgesetz vom 1. August 1974 zu beachten. So hieß es in § 135 des Schulgesetzes, dass u. a. in Nordhorn die Klassen 5- 9 einer Schule, die bis zum 31.7.1973 als öffentliche Schule für Schüler des katholischen Bekenntnisses geführt worden ist, unter bestimmten Bedingungen verselbstständigt und in eine anerkannte Ersatzschule - Orientierungsstufe und Hauptschule- in kirchlicher Trägerschaft umgewandelt werden kann. Als Standort für eine Ersatzschule in kirchlicher Trägerschaft oder Konkordatsschule standen die Freiherr-vom-Stein-Realschule, die Frensdorfer Schule, die Gerhart-Hauptmann-Realschule mit Elisabethschule sowie die Marienschule zur Diskussion. Wie Domkapitular Dr. Brandenburg von der bischöflichen Behörde in Osnabrück während einer öffentlichen Informationsveranstaltung mitteilt, ergeben sich bei der Errichtung einer solchen Schule in Nordhorn jedoch "zwei Schwierigkeiten, von denen wir zur Zeit glauben, dass sie nicht überwunden werden können". Nach seinen Angaben ist die Geburtenziffer bei der katholischen Bevölkerung in den letzten zwei Jahren so sehr gesunken, dass in den achtziger Jahren die notwendige Sechszügigkeit für die Orientierungsstufe in kirchlicher Trägerschaft nicht gesichert ist. Außerdem sind seines Erachtens die Eltern wohl schwer davon zu überzeugen, ihre Kinder die Orientierungsstufe in kirchlicher Trägerschaft besuchen zu lassen, wenn sie später als Realschüler oder Gymnasiasten doch in staatliche Schulen gehen müssen (GN,13.2.1974). Im Antrag der Diözese Osnabrück vom 21.11.1974 wurde dann doch die Umwandlung der Marienschule in eine Konkordatsschule gefordert.

Nachdem der Rat der Stadt im April 1978 als Einführungstermin der Orientierungsstufe (OS) den 1.8.1979 festgelegt hatte, schlug der Schulausschuss als Standort der Konkordatsschule die Marienschule vor. Standorte der öffentlichen Orientierungsstufen sollten das Schulzentrum Deegfeld, das Schulzentrum Blanke (Gerhart- Hauptmann- Realschule und Elisabethschule) und die Frensdorfer Schule sein. Als Voraussetzung für die Einrichtung der Konkordatsschule wurde von der Stadt der Verzicht auf die Einrichtung eines Realschulzweiges durch die Diözese gefordert, da sonst die Existenz von drei öffentlichen Realschulen nicht mehr gewährleistet wäre (GN, 24. und 25.4.1978). Dies wurde jedoch vom Bischof als "nicht akzeptabel" abgelehnt. Der Rat der Stadt beschloss deshalb im Dezember 1978 als Standorte von vier öffentlichen Orientierungsstufen die Freiherr-vom-Stein-Realschule, das Schulzentrum Deegfeld, die Frensdorfer Schule und die Evangelische Blankeschule.

Einen erneuten Anlauf zur Errichtung einer Konkordatsschule unternahm Oberkreisdirektor Dr. Terwey als "Bürger der Stadt Nordhorn", der ein Gespräch mit dem Generalvikar der Diözese mit dem Ziel führte, auf die Anbindung eines Realschulzweiges definitiv zu verzichten (GN, 1.2.1979). Während die CDU sich bemühte, in einer Sondersitzung des Rates über den Antrag des Bischofs von Osnabrück auf Einrichtung einer Konkordatsschule in Nordhorn ohne Realschulzweig am Standort Marienschule entscheiden zu lassen (GN, 21.4.1979), sah die SPD-Fraktion die Gefahr, dass die Einführung der OS zum 1.8.1979 torpediert würde, wenn die bisher gefassten Beschlüsse und die vorbereitenden Maßnahmen noch einmal umgeworfen werden sollten (GN, 23.4.1979).

Der Kultusminister Dr. Remmers schaltete sich mit einem Schreiben in die Diskussion ein und empfahl der Stadt, anstelle der Freiherr-vom-Stein-Schule als Standort der OS die Marienschule festzulegen, die dann zu einem späteren Zeitpunkt in eine Konkordatsschule umgewandelt werden könnte (GN, 24.4.1979). In einer Sondersitzung lehnte es der Rat der Stadt mit 26 gegen 11 Stimmen ab, die bisherigen Planungen zur Einführung der OS über den Haufen zu werfen. Der Verwaltung der Stadt wurde der Auftrag erteilt, weiter nach den Beschlüssen vom Dezember 1978 zu verfahren (GN, 26.4.1979).

Parallel zur Diskussion um die Einführung der Konkordatsschule erfolgten weitere Diskussionen um die fristgerechte Vorbereitung des OS- Startes am 1. 8.1979. So bezweifelte der Stadtelternrat in seiner Sitzung am 18.12.1978 nach Stellungnahmen der Schulelternräte, dass die notwendigen baulichen Maßnahmen zusätzlicher Fach- und Klassenräume termingerecht abgeschlossen und die Räume mit dem erforderlichen Inventar ausgestattet werden könnten. Nach Auffassung des Stadtelternrates sollten die OS-Kollegien aus Lehrern aller beteiligten Fachgruppen sowie aus Lehrern der drei Schulformen zusammengesetzt sein. Der Stadtelternrat erwartete, dass an allen 4 OS-Standorten die gleichen Bedingungen für die Unterrichtsaufnahme geschaffen würden, um eine evtl. Benachteiligung einzelner Schüler zu vermeiden. Außerdem müssten die Schuleinzugsbereiche so festgelegt werden, dass weder unzumutbar weite noch gefährliche Schulwege für die Schüler entstehen.

Die Stadtverwaltung informierte den Stadtelternrat über vorgesehene bauliche Maßnahmen: Im Schulzentrum seien danach nur kleine Veränderungen im Textilbereich erforderlich. In der Frensdorfer Schule werde ein Fachraumtrakt neu gebaut und ein zweiter Verwaltungsbereich neu geschaffen. In der Ev. Blankeschule müsse ein Fachraumtrakt umgebaut werden. Bei der Freiherr-vom-Stein-Schule sei eine bauliche Erweiterung um 4 Klassenräume durch Aufstockung des Fachraumtraktes vorgesehen. Es erfolgte die Zusage, dass die Baumaßnahmen bis zum 1.8.1979, in der Freiherr-vom-Stein-Schule bis 1980 bei Aufnahme des 2. Jahrgangs der OS abgeschlossen sein würden.

Über die organisatorischen Vorbereitungen berichtete der zuständige Schulrat Wischnat, wonach 12 Fachplanungsgruppen gebildet wurden und sich die Kernkollegien der neuen Schulen gebildet haben, die aus insgesamt 56 Lehrkräften bestünden. Für jede OS sei mindestens ein Gymnasiallehrer vorgesehen (GN, 21.12.1978).

Auch die SPD bestätigte, dass die Vorbereitungen für den OS- Beginn optimal seien (GN, 24.1.1979), während die CDU noch Schwachstellen sah und deshalb die Verlegung des Einführungstermins um ein Jahr befürworten würde (GN, 20.1.1979). Der Schulelternrat der Marienschule äußerte ebenfalls Bedenken (GN, 3.2.1979). Die Klassenelternräte der 4. Klassen von 7 Nordhorner Grundschulen beantragten bei der Stadt den Aufschub des OS-Beginns um ein Jahr, besonders weil die Baumaßnahmen nicht rechtzeitig abgeschlossen werden könnten (GN, 27.2.1979). Die Stadt teilte die Bedenken der Elternräte nicht und sah keine Gesichtspunkte, "die es rechtfertigen würden, den Beschluss, die Orientierungsstufe zum Schuljahrsbeginn 1979/80 einzuführen, zu revidieren", wie es in einem Schreiben der Stadt an die Elternräte vom 28.2.1979 hieß.

Über die bisherigen Planungen hinaus habe der Verwaltungsausschuss am 26.2.1979 beschlossen, bei der Freiherr-vom-Stein-Schule vier Mobilklassen aufzustellen. Außerdem sei der Bau einer zweiteiligen Großturnhalle in diesem Bereich beschlossen. Auch der Fachklassentrakt bei der Frensdorfer Schule, der bereits 1978 vergeben wurde, würde rechtzeitig, trotz winterlicher Schwierigkeiten, zum Schuljahresbeginn fertiggestellt sein. Außerdem bestätigte die Stadt, dass sie als Schulträger die für einen reibungslosen Unterrichtsverlauf erforderlichen Lehr- und Lernmittel bereitstellen werde. Die Stadt werde dafür sorgen, dass die Einzugsbereiche der Orientierungsstufen so abgegrenzt werden, dass Gefährdungen der Kinder durch den Straßenverkehr soweit wie möglich vermieden würden. (GN, 2.3.1979).

Die Einführung der vier Orientierungsstufen erfolgte am 1.8.1979.

Zur Geschichte der Orientierungsstufen im einzelnen siehe:
- Frensdorfer Schule
- Orientierungsstufe Blanke
- Orientierungsstufe im Schulzentrum Deegfeld
- Freiherr-vom-Stein-Orientierungsstufe

Share by: